Wenn es wahr ist, dass 60-80% der Akqusitionen schief gehen, oder zumindest nicht das bringen, was man sich erwartet hat, warum gibt es dann so wenig bekannte Fälle, wo eine Akqusition wieder rückgängig gemacht wurde?
In der Sozialwissenschaft spricht man dabei von sogenannten „pfadabhängigen“ Prozessen. Als Beispiel für solche Prozesse wird immer wieder die QWERTY-Tastatur gebracht, welche zwar bei der Schreibmaschine noch technische Vorteile brachte, bei Computern es aber schon wesentlich sinnvollere Lösungen gäbe.
Die Entscheidung für eine Akquisition ist so etwas, wie ein Kreuzungspunkt für das Unternehmen. Danach findet – leider unabhängig von der Qualität der getroffenen Entscheidung – typischerweise eine Selbststabilisierung statt:
– „Wir haben den Weg nun mal begonnen, jetzt führen wir ihn auch zu Ende…“
– „Wir haben nun schon so viel Geld und Zeit hineingesteckt…“
– „Da müsste ja irgendwer einen Fehler eingestehen…“
– „Den Unternehmenswert bekommen wir nicht wieder…“
– „Das muss doch gehen…“
Und damit sind pfadabhängige Prozesse nicht selbstkorrigierend, sondern – im Gegenteil – dazu prädestiniert, Fehler zu verfestigen: es werden Alternativen gar nicht mehr wahrgenommen.
Es braucht schon eine ordentliche „Erschütterung“, um so einen Pfad wieder verlassen zu können. Aber ohne so einer Erschütterung (Managementwechsel, Krise, Kundenverlust o.a.), kann man eine – manchmal sehr sinnvolle – Pfadkorrektur leider nur sehr selten beobachten.
W.Regele